Reisebericht • August 2021

Mit dem Wohnmobil durch Oberitalien

Tourverlauf: Dolomiten: Pustertal – Drei Zinnen – Große Dolomitenstraße – Grödnertal – Seiser Alm
Adria (Lignano) – Venedig – Pisa – Cinque Terre

Es ist Mitternacht als wir in Füssen die letzte Autobahnabfahrt vor der Grenze nehmen. Die Szenerie auf der Gegenspur wirkt wie im Film. Grell blinkende Lichter, Polizeibusse stehen quer und versperren die Durchfahrt. Das es in Corona Zeiten zu Grenzkontrollen kommt ist uns bekannt, aber solche Pop-Up Grenzkontrollen wirken bedrohlich. Was würde uns auf der österreichischen Seite erwarten?

Wir machen noch eine kurze Rast in der lauen Sommernacht, entleeren den Frischwassertank um sicher unter dem Gesamtgewischt von 3,5 Tonnen zu bleiben - die Österreicher verstehen da wenig Spaß. Kurze Zeit später lassen wir die Lichter hinter uns und fahren nervös durch den Tunnel der die Grenze markiert.

Auch hier ist die Autobahn gesperrt und der Verkehr wird über einen alten Grenzposten geleitet. Vor dem Häuschen stehen zwei provisorische Schilder „Transit“ und „Einreise Österreich“. An der Einreise Spur schläft ein Grenzer auf einem altem Holzstuhl im fahlem Laternen Licht. Keine Scheinwerfer, keine grellen Blinklichter. Langsam fahren wir durch die Transitspur - aber hier ist niemand der kontrolliert.

Über den Fernpass geht es bis zum Brenner Grenzübergang. Hier ist dann auch für uns Schluß. Italien hat immer noch eine nächtliche Ausgangssperre, die betrifft auch das touristische Reisen.

Pustertal

Nach einer kurzen Nacht fahren wir auf der Brennerautobahn bis Brixen weiter, dort beigen wir in das Pustertal ab. Unsere erste Station ist der Pragser Wildsee. Der kostenlose Wanderparkplatz ist noch recht überschaubar, weitere kostenpflichtige Parkplätze sind in Richtung See ausgeschildert. Wir laufen zum See und das hätten wir nach der kleinen Bergstraße nicht wirklich erwartet  - willkommen im Massentourismus. Vor dem See liegt ein altes Berghotel, am und um das Hotel gruppiert sind Souvenir-, Eis und Imbissstände – wer den Titisee im Schwarzwald kennt, wird sich unweigerlich daran erinnern – nur alles etwas kleiner.

Gute 4 Kilometer ist der Rundweg um den malerischen Bergsee lang und trotz der vielen Touristen eine schöne Tour. Heute an einem Sonntag sind viele Italiener unterwegs, die – mal in Badelatschen, mal in Pumps – den stellenweise doch steilen Weg „wandern“.

Unseren ursprünglichen Plan am Prager Wildsee zu übernachten verwerfen wir schnell wieder. Es gibt zwar einen Parkplatz auf dem auch das Übernachten im Camper gestattet ist, aber wir wollen raus aus dem Trubel. Bei Rasun hatten wir einen Campingplatz gesehen, und nach der kurzen Nacht in ein chillige Nachmittag in der Sonne genau das Richtige für uns.

Der Campingplatz in Rasun ist etwas ausserhalb im Wald gelegen und durchaus empfehlenswert. Hier brauchen wir Anfang Juni auch noch einen Corona Test, auf allen anderen weiteren Plätzen auf der Tour fragt danach niemand mehr.  Bis auf eine Ausnahme, aber dazu am Ende mehr.

Am nächsten Morgen fahren wir mit dem Wohnmobil weiter durch die traumhaften Dolomiten, entlang des Pustertals geht es bis nach Sexten.  Die Parkmöglichkeiten für Wohnmobile sind im Ort ziemlich beschränkte, wenn nicht unmöglich. Das Problem hatten wir kurz vorher auch schon in Innichen. Sämtliche Parkplätze sind für Wohnmobile gesperrt und haben eine fest verbaute Höhenbeschränkung. Erst am Olympia Zentrum konnten wir parken, das aber auch nur aufgrund einer Baustelle weswegen die Einfahrtssperre abgebaut war.
Wer mit dem Wohnmobil unterwegs ist und die Orte besuchen, dem bleibt nur der Campingplatz recht weit ausserhalb von Sexten.

Die hübschen Gassen des kleinen Bergdorfs sind schnell erkundet, die Gegend ist vor allem ein Ziel für Wanderer. Irgendwo hinter den Gipfeln liegen die Drei Zinnen - unser nächste Ziel.

Drei Zinnen

Wir fahren die Strecke etwas zurück und biegen dann in das Höhlensteintal ab. Vorbei am Toblacher- und Dürrensee zweigt irgendwann eine kleine Bergstraße zum Lago di Misurina ab. Der Bergsee liegt unterhalb der Drei Zinnen, noch höher geht es nur über eine kostenpflichtige Mautstraße. Aber wir wollen auch gar nicht höher sondern bleiben auf dem neu angelegten Stellplatz am Misurina See.

Am Nachmittag laufen wir eine Runde um den hübschen See und fragen Einheimische nach den aktuell möglichen Touren. Im letzten Winter gab es recht viel Schnee, Touren an oder um die Drei Zinnen sind noch ausgeschlossen. Stattdessen wandern wir am nächsten Tag zum Monte Piana mit großartigen Ausblicken auf die Drei Zinnen.

Große Dolomitenstraße

Es ist früher Nachmittag als wir von der recht anstrengenden aber auch schönen Wanderung am Stellplatz zurück sind. Wir beschließen noch ein Stück weiter zu fahren. In Cortina d’ Ampezzo erreichen wir die Große Dolomitenstraße. Es folgen nicht enden wollende Serpentinen auf einer schmalen Bergstraße bis wir über den Falzarego Pass sind. Landschaftlich wirklich sehenswert, aber auch recht anstrengend zu fahren.

In Arraba nutzen wir den Wohnmobil-Stellplatz, es gibt schönere Plätze aber wir wollen auch nur übernachten.

Am nächsten Tag biegen wir hinter dem Prodoijoch von der Dolomitenstraße ab und fahren weiter südlich auf der SS242. Wir erreichen den Sella Pass und haben einen ersten Ausblick auf das Grödnertal. Über Wolkenstein fahren wir durch das hübsche Tal auf die Rückseite der Seiser Alm nach Völs am Schlern.

 

Seiser Alm

Unser Ziel ist der Campingplatz Seiser Alm. Mit Schwimmbad und großzügigen Sanitäranlagen liegt der Platz in der gehobenen Preisklasse, es gibt aber auch wenig Alternativen in der Region. Den Nachmittag verbringen wir am Völser Weiher, ein hübscher Badesee der zu Fuß vom Campingplatz erreicht werden kann.

Mit der Gästekarte sind die Busse kostenlos und so lassen wir am nächsten Tag das Wohnmobil stehen und fahren mit dem Linienbus zur Talstation der Seiser Alm Bahn. Es geht hoch auf die Alm und dort wandern wir die Tour am Puflatsch. Eine schöne Tagestour die immer wieder reizvolle Ausblicke über die Alm und das Grödnertal bietet.

Die Seiser Alm ist auch unsere letzte Station in den Dolomiten. Die nächsten Tage relaxen wir an der Adria bei Lignano.

Lignano

Nach 5 Tagen verlassen wir die Dolomiten und fahren an die Adria nach Lignano. Der Ort liegt östlich der bekannten Strände Lido de Jesolo und Bibione, kurz vor Triest und der slowenischen und kroatischen Grenze.

Es wird heiß als wir die Berge verlassen, in der Ebene flimmert die Luft über dem Asphalt. Rund 400 Kilometer lang ist unsere Tagesetappe vorbei an Verona, Padua und Venedig bis wir unser Ziel am Nachmittag erreichen.  Den Campingplatz hatten wir bereits vor einiger Zeit reserviert, Österreich hat um diese Zeit Schulferien und in Deutschland war am Donnerstag Feiertag.
 
Der Campingplatz liegt recht schön ins einem Pinienwald direkt am Meer. Am Strand ist der übliche Mittelmeertourismus, Sonnenschirme soweit das Auge reicht, aber nur vereinzelt ein paar Strandgäste. Der halbe Campingplatz ist leer, die komplette Bungalowanlage verwaist.

Wir haben einen großen Stellplatz direkt am Meer und verbringen die nächsten beiden Tage einfach mit nichts tun.

Venedig

Mein letzter Besuch Venedigs liegt Jahrzehnte zurück und so war bei der Tourplanung klar, das wir einen Tagesausflug nach Venedig machen. Von Lignano braucht man eine gute Stunde mit dem Auto, wir parken am Parco die San Giuliano direkt gegenüber der Lagunenstadt. Ab dem Parkplatz fahren kleine Boote für 10 Euro (Hin- und Rückfahrt)  zur Stadt.

Es ist der zweite Corona Sommer und entsprechend wenige Touristen in der Stadt. Die Gassen sind menschenleer, nur vereinzelt sitzen Touristen vor den zahlreichen Cafés und Restaurants. Wir essen etwas ausserhalb der Hotspots zu Mittag – erstaunlich gut und preiswert.

Den Tag verbringen wir zwischen Rialto Brücke und Markusdom, schlendern durch die Gassen. In der Altstadt und in den Geschäften ist Maskenpflicht, darüber hinaus gibt es keine Einschränkungen. Mit den wenigen Touristen ist Venedig wirklich sehenswert, zu „normalen“ Zeiten möchte ich lieber nicht in der Stadt sein.

Mit dem letzten Boot fahren wir zurück zum Festland.

Pisa

Unsere Zeit an der Adria ist vorbei und wir verlassen Lignano. 400 Kilometer haben wir bis Pisa vor uns. Die Fahrt durch die Po Ebene ist recht eintönig, dafür überrascht uns der Abschnitt von Bologna über die Apenninen nach Florenz. Die Region ist wirklich bergig, die Autobahn A 1/E 35 gleicht einer Panorama-Bergstraße.

Der Wohnmobilstellplatz in Pisa liegt zentral, besteht aber auch nur aus einem großen Asphaltparkplatz für rund 40 Fahrzeuge. Von dort laufen zur Fuß zum Piazza die Miracoli mit dem Schiefen Turm, der Kathedrale und dem Baptiststerium. 18 Euro kostet das Ticket für die Turmbesteigung (Stand 6/2021). Vor dem Turm stehen schwer bewaffneter Polizeikräfte aus Angst vor Anschlägen. Viel mehr als der historische Platz und ein paar Altstadtgassen hat Pisa nicht wirklich zu bieten, aber das war uns im Vorfeld klar.

Unweit des Schiefen Turms essen wir eine echte Italienische Pizza am Abend und laufen das kurze Stück zurück zum Stellplatz.

Cinque Terre

Wir fahren am nächsten morgen weiter zu den Cinque Terre. Das sind 5 malerische Dörfer, die an der ligurischen Steilküste zwischen La Spezia und Genua liegen. Die Region ist gleichzeitig ein italienischer Nationalpark. Unser Ziel ist das Dorf Monterosso, das östlichste der fünf Dörfer. Von Pisa ist das nur rund eine Autostunde entfernt.

Entgegen der Ausschilderung nach Monterosso durch das Hinterland, führt uns unser Navi in La Spezia direkt an die Küste. Ehe wir uns versehen sind wir auf der kleinen Küstenstraße die zwar sehr schön, aber auch sehr schmal und kurvig ist. Die Pass-Straßen in den Dolomiten waren dagegen breit ausgebaute Straßen. Den Gegenverkehr können wir nur an wenigen Stellen passieren und in manchen Kurven müssen wir rangieren. Die 20 Kilometer legen wir im Schritttempo zurück und werden zur Qual.

Irgendwann erreichen wir dann unser Ziel. Der kleine Wohnmobilstellplatz in Monterosso liegt hoch über der Bucht, mangels Alternativen bleiben wir trotzdem dort.

Eine halbe Stunde geht es zu Fuß steil abwärts bis wir die malerische Altstadt erreichen. Die Dörfer sind untereinander nur per Bahn, Schiff oder über einen Wanderweg verbunden. Unser Plan war, hier noch einen Tag entlang der Küste zu wandern. Allerdings ist fast der komplette Weg gesperrt, es gibt nur einen Abschnitt der begehbar ist. Die Touristeninformation riet uns dringend davon ab diesen Teil zu laufen, da derzeit alle Wanderer dort unterwegs sind und der Weg hoffnungslos überlaufen ist.

Wir verbringen den Nachmittag in den hübschen Gassen und in den Cafés am Strand von Monterosso bevor wir uns wieder auf den beschwerlichen Aufstieg machen. Mit der Bahn entlang der Küste von Ort zu Ort zu fahren ist zwar möglich, aber in der sommerlichen Hitze für uns keine lohnenswerte Tour.

Wir reisen stattdessen am nächsten morgen ab und machen noch zwei Zwischenstopps auf der Rückreise.

Die Erdpyramiden bei Bozen

Von La Spezia fahren wir bis nach Bozen und biegen dort von der Autobahn ab. Es geht noch einmal auf unserer Wohnmobil Tour durch Norditalien hoch in die Berge - inzwischen habe ich mich an das manuelle Schalten der Automatikkupplung in Serpentinen gewöhnt. Unser Ziel ist Ritten, das liegt auf rund 1200 Metern.

Ein kurzer Spaziergang und wir stehen in einem Seitental mit den Erdpyramiden. Das ist eine geologische Besonderheit. Der Lehmboden wird vom Regen weggespült, aber an einigen Stellen liegen dicke Felsbrocken die den darunter liegenden Boden vor der Erosion schützen. So entstehen im laufe der Jahre die Erdpyramiden.

Der Weg ist leider nicht komplett begehbar und wir sehen die Pyramiden nur aus einiger Entfernung.

Die Nacht stehen wir auf einem kleinen Parkplatz am Gemeindehaus.

Rückfahrt nach Deutschland

Es ist Sonntag und wir müssen uns langsam auf die Heimreise machen. Irgendwo in Süddeutschland wollen wir entlang der Route noch einmal übernachten. Der Brenner ist schnell überwunden, am Fernpass staut sich der übliche Verkehr. An den Grenzübergängen wird Stichprobenartig kontrolliert, wir haben den Eindruck die Kontrollen sind mehr gegen eine illegale Migration als wegen Corona. An der Deutschen Grenze sind riesige Schilder mit der Bitte um direkte Corona Testung aufgebaut.

Hinter Füssen machen wir eine Pause und suchen im Internet nach einem schönen Übernachtungsplatz. Wir werden auch recht schnell fündig – allerdings brauchen wir in Deutschland wieder einen Coronaschnelltest – zumindestens in Baden-Würtemberg. Nachem uns in Italien 2 Wochen niemand nach einem Test gefragt hat, geht hier nun wieder die deutsche Kleinteilerei los. Jedes Bundesland hat andere Regeln, von Landkreis zu Landkreis gelten andere Auflagen.

Wir sind etwas irritiert, grade an der Grenze stand noch, man sich bitte direkt testen lassen, aber wo? Die einzigen Schnelltestzentren die Sonntags geöffnet haben sind am Stuttgarter Flughafen und Bahnhof.

Wir parken am Flughafen direkt vor dem Terminal und suchen das Schnelltestzentrum. Papierlos geht es hier auch nicht, wir müssen 15 Minuten warten und können uns dann den Papierausdruck abholen.

Zwischen Pforzheim und Schwarzwald suche wir uns einen kleinen Campingplatz an einem Reiterhof. Die große Wiese haben wir für uns, es sind nur vereinzelt ein paar Dauercamper auf dem Platz. Irgendwo Abends essen zu gehen gestaltet sich als schwierig, da wegen Corona noch alles geschlossen ist. Die Inzidenzen sind zwar im Landkreis niedrig, aber es dauert bis die nächsten Erleichterungen kommen.

Wir fahren noch einmal los und finden wenigsten eine offene Döner Bude. Nach 14 Tagen unbeschwertem Urlaub in Italien sitzen wir am letzten Abend mit einem Dönerteller vor dem Wohnmobil, das hatten wir uns anders vorgestellt… Aber genau diese Unberechenbarkeit der Corona Auflagen von Landkreis zu Landkreis war der Grund die zwei Wochen in Italien zu verbringen.

Venedig

Kommentare